Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Es muss endlich eine gesellschaftliche Auseinandersetzung um Aufnahme und menschenwürdige Unterbringung von Geflüchteten geben. Mit der No-Lager-Aktionswoche wollen wir dieses Thema in die Öffentlichkeit tragen, antirassistische Akteure vernetzen und ein solidarisches Zeichen an die Menschen in den Lagern senden.
Der Begriff "Lager" ist vor allem ein politischer, er beschreibt, was aus Sicht des Migrationsmanagements mit diesen Einrichtungen gewollt ist: Massenhafte Unterbringung, Isolation hinter Stacheldraht, Disziplinierung durch Behörden und Sicherheitsfirmen, es gelten weniger Grundrechte innerhalb des Lagers als in der Gesellschaft, es handelt sich um Einrichtungen in denen Menschen verwaltet und auf lange Zeit verwahrt werden und nicht wenige werden von hier ohne öffentliche Wahrnehmung gewaltsam abgeschoben.
Fundamentale Rechte auf Privatsphäre, Beschulung, medizinische Regelversorgung, Arbeitsmöglichkeiten etc. werden somit den Bewohner*innen der Lager systematisch vorenthalten und Isolation weiter vorangetrieben. Außerdem finden Abschiebungen schwerpunktmäßig aus den NRW-Landesunterkünften statt. Lager dienen also einer effektiveren Entrechtungs-, Abschottungs-, Ausgrenzungs- und Abschiebepolitik.
Nicht unbedingt. In allen Bundesländern hat sich die maximale Aufenthaltsdauer ab 2018 verlängert, bis zu 18 Monate. NRW hat über seinen sog. Asyl Stufenplan eine Regelung geschaffen die es erlaubt, Menschen sogar 24 Monate und darüber hinaus in den ZUE festzuhalten. Das betrifft oft - aber nicht nur - Leute mit Dublin-Verfahren und als sog. "Sicheren Herkunftsländern" (Balkanländer und Senegal und Ghana), außerdem Armenien und Azerbaijan. Auch Menschen, die Kinder oder EhepartnerInnen außerhalb des Lagers haben, müssen dort bleiben. In der Praxis ist aus der maximalen Wohnverpflichtung in den Lagern eher eine Minderaufenthaltszeit geworden. Siehe https://www.frnrw.de/themen-a-z/unterbringung-von-fluechtlingen/unterbringung-auf-landesebene/kritik-und-politisches-zur-landesunterbringung.html
Die Unterbringung sollte dezentral stattfinden. Dabei müssten vor allem auch die Bedürfnisse der Betroffenen berücksichtigt werden, ob sie z.B. bei Freund*innen oder Verwandten unterkommen können. Sammelunterkünfte können nur eine Option bei organisatorischen Engpässen, z.B. direkt bei der Ankunft, sein - definitiv aber nicht für einen längeren Zeitraum.
Es kann sein, dass wenn viele Menschen gleichzeitig ankommen und beispielsweise ein Asylantrag gestellt wird, es zunächst eine Unterbringung in Erstaufnahmen gibt. Diese kann aber nur für einen sehr kurzen Zeitraum in dieser provisorischen Weise stattfinden. Lager dürfen keine Normalität haben.
Zunächst einmal die allgemeine Öffentlichkeit. Den meisten Menschen ist das Schicksal von Geflüchteten nicht egal, und eine Mehrheit ist in Deutschland nach wie vor dafür, Schutzsuchende aufzunehmen. Die öffentliche Aufmerksamkeit richtete sich in den letzten Monaten aus guten Gründen stark auf die unmenschlichen Bedingungen in Lagern wie Moria an den EU Außengrenzen. Aber die Isolation und das Wegsperren findet eben auch hier in Deutschland statt. Dahinter steckt politisches Kalkül: Es ist einfacher, Menschen abzuschieben, die noch keine Arbeitskolleginnen, Nachbarn, Mitschülerinnen und Freunde hier haben. Diese gewollte Isolierung wollen wir durchbrechen. Unser Protest adressiert aber natürlich auch die politisch Verantwortlichen in Ministerien und Bezirksregierung. Und wir wollen den Menschen in den Lagern zeigen, dass wir sie nicht vergessen haben.
Wir sind mit einigen Leuten aus verschiedenen ZUE in Kontakt und die finden es gut, dass sie mit ihren Problem und Ängsten gehört und Wahrgenommen werden. Ein paar von ihnen werden bestimmt bei den Aktionen auch mit dabei sein. Unsere Erfahrung ist aber, dass viele Leute auch Angst haben, sich laut zu beschweren, weil sie fürchten noch mehr Probleme zu bekommen. Es gibt manchmal auch die Angst, abgeschoben zu werden, weil man protestiert oder sich beschwert. Deshalb haben wir einen Weg gefunden, dass die Leute in den Camps ihre Botschaften und Forderungen auch anonym und in ihrer Sprache nach draußen tragen können.
Ob es den Menschen direkt hilft, ist schwer abzusehen. Klar ist aber, dass die Situation in den Lagern politisch so gewollt ist und insofern braucht es politischen Druck dagegen. Was in den Lagern stattfindet an Entrechtung und tagtäglichen unmenschlichen Situationen ist keine Summe von Einzelschicksälen, sondern es sind strukturelle Ursachen, die zu dieser inhumanen Situation führen. Nur wenn wir diese strukturellen Ursachen angreifen, dann kann sich im Sinne der Geflüchteten etwas verändern und Solidarität möglich werden.
Gerade unter den Bedingungen der Corona Pandemie sind die Bedingungen in den Lagern inhuman und die Erfahrung der letzten 14 Monate zeigt, dass gerade in den Lagern vulnerable Personengruppen eben NICHT vor dem Virus geschützt werden konnten. Denn jeden Tag ist im Lager Großveranstaltung. Und das kritisieren wir gerade JETZT. Etliche Flüchtlingslager waren auch in NRW wochenlang in Voll- oder Teilquarantäne. Das hat die Isolation der Menschen noch weiter verschärft. Beratungs- und Ehrenamtsstrukturen konnten nicht wie gewohnt arbeiten.
Lager an der Außengrenze, in den europäischen Türhüterstaaten und innerhalb der EU haben alle die gleiche Funktion: sie sind ein Mittel dafür, Menschen die Flucht nach Europa zu erschweren, sie sollen Migration "steuerbar" und verwaltbar machen und die Bewohner*innen isolieren. Lager zeigen deutlich auf, in was für einer Gesellschaft wir leben: In einer kapitalistischen Gesellschaft werden Menschen aus dem globalen Süden ausgegrenzt, isoliert und abgeschoben. Und diese Funktion erfüllen Lager in Deutschland, an den EU-Außengrenzen, Griechenland, auf der "Balkanroute", und Libyen.
Viele Kommunen setzen schon lange eher auf dezentrale Unterbringung von Geflüchteten, und sind damit sehr gut gefahren. Bis 2015/2016 war auch die "Wohnverpflichtung" in Landeslagern auf maximal 3 Monate begrenzt. Was wir fordern, ist ein Ende der Wohnverpflichtung und dass die Flüchtlingslager wirklich nur als erste Anlaufstelle genutzt werden, dass die Menschen dort sobald wie möglich ausziehen können und dorthin ziehen können, wo sie für sich die beste Möglichkeiten sehen, ihre Zukunft in Deutschland aufzubauen.