Bericht aus einem Flüchtlingslager

Uns hat ein Bericht von Bewohner*innen eines Lagers in der Nähe von Speyer, Rheinland-Pfalz, erreicht, den wir hier teilen wollen. Die Bewohner*innen berichten über die Ignoranz, mit der auf die Bedürfnisse von Geflüchteten mit Handicap nicht eingegangen wird. Sie haben deshalb einen Offenen Brief an die zuständige Behörde verfasst. Darin berichten sie auch über andere Missstände, Intransparenz und respektlosen Umgang. Der Bericht deckt sich mit dem, was wir auch aus anderen solchen Einrichtungen immer wieder hören.

Die ADD ist die „Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion“ des Landes Rheinland-Pfalz, das für die Unterbringung und Zuweisung von Geflüchteten zuständig ist.

„Sehr geehrte Damen und Herren,

wir sind Bewohner:innen der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende in Speyer und wollen hiermit Beschwerde gegen die ADD und einige untragbare Zustände in der Einrichtung einreichen. Wir fordern, dass unser Beschwerde Gehör gegeben wird.

Anlass für unsere Beschwerde ist die schlechte und z.T. diskriminierende Behandlung seitens von ADD-Mitarbeitern in der Unterkunft sowie die Intransparenz, mit der Entscheidungen über unser Leben und unseren Verbleib in der Unterkunft getroffen werden.

Herr H* hat eine körperliche Beeinträchtigung, da er nur noch 20 Prozent Sehfähigkeit hat. Aufgrund dieser Beeinträchtigung ist er auf Hilfe angewiesen. Herrn H* wurde von der ADD versprochen, dass eine ihm vertraute Person, der er vertraut und auf die er sich verlassen kann, mit ihm zusammen in eine Kommune zugewiesen wird, so dass er Unterstützung im Alltag bekommt. Ihm wurde von der ADD angeboten, dass er 3-4 Personen auflistet, von denen einer mit ihm gemeinsam kommunal zugewiesen werden könne.

Herr H* soll nun am 15. Juli kommunal zugewiesen werden, aber entgegen dem Versprechen der ADD wurde ihm nun verwehrt, dass eine von ihm genannte Vertrauensperson mit ihm kommen kann.

Herr H* und Herr Z* sind daher am 10. Juni als Protest in den offenen Hungerstreik getreten. Sie informierten Sozialarbeiter:innen und medizinisches Personal der Unterkunft sowie die Polizei. Sie haben sich zudem an die Öffentlichkeit gewandt. Sie mussten den Hungerstreik jedoch aus gesundheitlichen Gründen wieder abbrechen.

Sie und wir fordern dennoch, dass das Herrn H* gegebene Versprechen eingehalten wird und Herr H* gemeinsam mit einer von ihm genannten Person das Wohnheim verlassen kann.

Wir, die Unterzeichnenden, die im Wohnheim leben, unterstützten den offenen Hungerstreik der beiden. Wir machen Sie für die Folgen des offenen Hungerstreiks verantwortlich, sollte ihnen kein Gehör verschafft
werden.

Wir nehmen den Hungerstreik zum Anlass, um uns über einige Missstände, die unseren Alltag im Wohnheim betreffen, zu beschweren:

  1. Einige ADD-Mitarbeiter:innen handeln mit Willkür und verhalten sich z.T. rassistisch gegenüber den Mitbewohne:innen des Wohnheims. Wir fordern, dass wir mit Respekt behandelt und nicht diskriminiert werden.
    Wir sind Menschen und haben das Recht, menschlich behandelt zu werden.
  2. Es herrscht ein Mangel an Transparenz bei den Antworten auf unsere Fragen. Wir wollen z.B. genau wissen, was der Prozess für den Transfer in die Kommune ist. Einige Heimbewohner:innen können das Heim schneller verlassen und andere müssen sehr lange warten. Dabei scheint die Auswahl für uns willkürlich. Mehr Transparenz und ein besseres Verständnis unsererseits sind nicht nur gut für uns, sondern auch für Sie.
  3. Die Qualität des Essens ist sehr schlecht und es fehlen uns wichtige Nährstoffe.
  4. Zwei Drittel der Toiletten sind ständig kaputt, was bei der Anzahl der Heimbewohner:innen unhygienisch ist und schlimmstenfalls zu einer Seuchengefahr führen kann. Nicht nur wegen der derzeitigen Corona-Pandemie ist es wichtig, dass genug sanitäre Anlagen zur Verfügung stehen, sodass die Gefahr von Ansteckungen reduziert werden kann.

Es ist nicht neu für die ADD, Beschwerden von den Bewohner:innen der Einrichtung zu erhalten. Also haben wir beschlossen, an die Öffentlichkeit zu gehen, bis Sie unsere Forderungen akzeptieren. Wenn Sie unsere Forderungen erfüllen, um die Situation in der Unterkunft zu verbessern und das Problem des diskriminierenden Verhaltens gegenüber Bewohner:innen anzugehen, werden wir die Öffentlichkeit über die Schritte informieren, die Sie unternehmen, wenn dies Ihren Wünschen entspricht.

Wir appellieren an Ihr Gewissen und Ihr Verantwortungsbewusstsein, die Situation zu verbessern, da die derzeitigen Bedingungen so nicht mehr tragbar sind. Wir bitten Sie, unsere Beschwerde ernst zu nehmen und auf unsere Anliegen einzugehen. Wir sind zu einem Gespräch mit Ihnen bereit, um unsere Anliegen im Detail zu erörtern und Lösungen für unsere Probleme zu finden.

Bleiben Sie gesund!
Hochachtungsvoll“